Atomzentrum OWL, Gefahrenhotspot, fehlende Antworten, schweigende Verantwortliche
— Droht ein neues Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Müll im Dreiländereck? —
Dieses Szenario war im Rahmen einer Pressekonferenz durch die Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck e.V. und dem Fachanwalt Siegfried de Witt am 15.07.21 der Öffentlichkeit präsentiert worden. Die entsprechende Studie ist auf der Homepage des Vereins einsehbar (https://www.atomfreies-dle.de/pressemitteilungen/). Auch die Landkreise Holzminden, Hameln-Pyrmont, Schaumburg und Nienburg/Weser schätzen die Gefahr als so realistisch ein, dass sie den Prozess der Standortsuche zukünftig beobachten und die Bevölkerung über aktuelle Entwicklungen informieren werden. Dies geht aus einer entsprechenden Pressemitteilung der Landkreise hervor.
— Buntes Video, wenig Information —
Derweil lassen sachliche Antworten der BGZ auf die im Raum stehenden Fragen auf sich warten. Daran ändert auch das durch die Bundesgesellschaft jüngst veröffentlichte Informationsvideo zum Standortauswahlverfahren herzlich wenig. Dass die Entscheidungsfindung der BGZ nicht nur völlig unzureichend, sondern darüber hinaus in der Ausführung auch noch fehlerhaft ist, wurde bereits ausgiebig dargelegt und ist seit Mitte letzten Jahres bekannt.
— Zusagen der BGZ sind unglaubwürdig —
Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich die Furcht vor einem „3-in-1 Zentrallager“ in der Region ausbreitet. Zu plausibel erscheint der Gedanke, dass Würgassen zunächst als Logistikzentrum für das Endlager Konrad, mit seinen gigantischen Ausmaßen zugleich als Bundeszwischenlager und nach der Füllung des Endlagers Konrad als Bereitstellungslager für ein neues Endlager dienen könnte. Da nützen auch die Beschwichtigungen der Bundesgesellschaft nichts, das Vorhaben diene ausschließlich der Belieferung des Endlagers Konrad. Wer kann schon glauben, dass dieses milliardenteure Vorhaben trotz weiter bestehender Aufgabe der Entsorgung in ca. 25 Jahren einfach abgerissen oder verschenkt werden könnte?
— Der Blick nach vorne bereitet Sorge —
Als „Alternativlos“ hatte der verantwortliche Staatssekretär Flasbarth den Standort Würgassen schon von Beginn an bezeichnet, ohne dass jemals ein Standortauswahlverfahren unter fachlichen Kriterien wie z.B. Sicherheit, Infrastruktur, Touristik usw. im Vergleich mit weiteren Standorten stattgefunden hatte. Will man den Entscheidungsträgern keine Willkür oder gar Unvermögen unterstellen, leitet sich hieraus nur eine logische Schlussfolgerung ab: Der Atommüll soll in der Region auch über die Funktion für Schacht Konrad hinaus verbleiben. Ein Bereitstellungslager gehört nun einmal an ein Endlager. Freiwillige Umwege von mehreren Millionen Transportkilometern wir niemand ohne Grund in Kauf nehmen. Gleiches gilt für die überdimensionierte Kapazität der Halle, welche die technische Anforderung für eine Belieferung des Endlagers Konrad deutlich übersteigt.
Ein Endlager in unmittelbarer Nähe des Bereitstellungslagers Würgassen entlang des Bahngleisanschlusses würde eine logische Erklärung sein. Geologisch eignet sich das Salzgestein in der Region für die Endlagerung, z.B. des noch zu bergenden Mülls aus der Asse, bestens. Nordhessen könnte unter dem politischen Gesichtspunkt der „Lastenteilung“ wahrscheinlich die Endlagerregion für schwach- und mittelradioaktiven Müll werden.
— Neuer offener Prozess statt Gefahrenhotspot —
Je länger die BGZ kein sachgerechtes Auswahlverfahren in Gang setzt und weiterhin ein fundiertes Transport- und Logistikgutachten unter Öffentlichkeitsbeteiligung verweigert, desto größer und Nachhaltiger wird der Widerstand und die Skepsis in der Bevölkerung. Die mangelhafte Infrastruktur für das Betreiben einer derartigen Großanlage, massive Verstöße gegen die Sicherheitsempfehlungen der ESK und insbesondere der Bau im Überschwemmungsgebiet unmittelbar an der Weser, lassen jeden verantwortungsvollen Menschen nur den Kopf schütteln.
Nicht nur die Einwohner in der Region des Dreiländerecks werden sehr genau darauf achten, ob der Vorgabe des verantwortlichen Ministerpräsidenten und Kanzlerkandidaten Lascht Folge geleistet wird: „Wir müssen Dämme bauen, Rückhaltebecken, Wasserreservoirs, Flächen renaturieren - Schutz nicht nur am Rhein, sondern auch an den großen und den vielen kleinen Flüssen überall im Land“.
— Verbale Entgleisungen statt Antworten —
Demgegenüber steht die wenig professionelle Äußerung der BGZ zum Hochwasserschutz, Atommüllbehälter künftig im Zentralen Bereitstellungslager am Boden fest zu verschrauben. Den nicht ausreichend tragfähigen Baugrund in Würgassen im selben Atemzug mit trockenem Bienenstich statt Sahnetorte mit Kirsche oben drauf zu vergleichen, technisch sei jedoch vieles machbar, schafft ebenfalls keinerlei Vertrauen gegenüber der Bundesgesellschaft. Bei derartigen verbalen Entgleisungen stellt sich die Frage, wie groß die Toleranz der Verantwortlichen gegenüber dem seit 1 1/2 Jahren andauernden, wilden Treiben der BGZ noch ist. Die Leidensfähigkeit in der Bevölkerung ist jedenfalls längst erschöpft und jedes Vertrauen in das Vorhaben zerstört.
— Verantwortliche müssen Position beziehen —
Folgende Frage an Herrn Wenzel, der sein Bundestagsmandat im September in Cuxhaven erringen will, an Herrn Laschet, der sich anschickt Bundeskanzler zu werden, an Frau Bundesumweltministerin Schulze als verantwortliche Ministerin und den zuständigen Staatssekretär Flasbarth: Ist Ihnen die Sicherheit der ländlichen Bevölkerung so wenig wert?
Der Vorstand
Atomfreies 3-Ländereck e.V.