Déjà-vu: Standortentscheidung Würgassen weckt Erinnerungen
Nun soll die Entsorgungskommission (ESK) für Klarheit sorgen
Die Desaster der Atommüllentsorgung wie bei der Asse und bei Morsleben sollten sich nicht wiederholen. Deshalb entließ die Politik die Energieversorgungsunternehmen gegen Zahlung von ca. 23,2
Milliarden EUR aus der Verantwortung. Unter Leitung von bundeseigenen Gesellschaften sollte jetzt die Entsorgung sicherer werden. Diese Hoffnung erweist sich im Fall des Logistikzentrum Konrad
(LoK) als Trugschluss. Wurden früher wirtschaftliche Aspekte auf Kosten der Sicherheit höher priorisiert, so sind es heute politische Entscheidungen, die sachlich kaum begründbar sind. Seit
Jahren wird insbesondere von Bündnis90/Die Grüne bei der Atommüllentsorgung der Gedanken der Lastenteilung verfolgt. Eine Verteilung auf mehrere Bundesländer soll angeblich gerechter sein, dient
aber im Kern nur parteipolitischen Interessen. Da voraussichtlich in Niedersachsen das Endlager Konrad Ende 2023 freigegeben wird, möchten einige Politiker die risikoreiche und verkehrsträchtige
Anlieferung in einem angrenzenden Bundesland ansiedeln. Schon 2016 rühmte sich der Umweltminister Niedersachsens Stefan Wenzel damit „Weg für Lastenteilung beim Atommüll kann frei gemacht
werden“. Kritiker nennen diese politische Schacherei „Atommülltourismus“. Unter diesem Aspekt wird nun auch verständlich, warum sich das Bundesumweltministerium (BMUV) so vehement gegen die
Erstellung eines sachlichen Gutachtens zur Überprüfung der Notwendigkeit eines LoK gewehrt hat bzw. warum ein derartiges Gutachten nicht im Vorfeld einer Standortentscheidung erstellt wurde. Das
nun ausgerechnet die ESK in einem Anhörungstermin für Klarheit sorgen soll, betrachten Bürgermeister Hubertus Grimm und der 1. Vorsitzende der Bürgerinitiative 3-Ländereck e.V. (BI) Martin
Ahlborn skeptisch. „Die Ausgangssituation ist klar, die bisherigen Entscheidungen basierten nicht auf wissenschaftlichen Sicherheitskriterien, sondern resultieren aus politischen
parteiübergreifenden Absprachen. Ob die neue Stellungnahme der ESK daran etwas ändern wird, bleibt abzuwarten, denn schon die bisherigen ESK-Sicherheitsempfehlungen wurden von den Entscheidern
ignoriert“. Diese Form der Atommüllentsorgung Seitens des BMUV unterscheidet sich inhaltlich maßgeblich von den bisherigen Maßstäben der alten Führungsriege wie z.B. dem ehemaligen Umweltminister
Jürgen Trittin, der den Standort Würgassen aufgrund seiner Nichteignung für Tod erklärt hatte. Demgegenüber scheinen sich die Umweltminister aus Hessen und NRW linientreu gegenüber dem Bund zu
verhalten, hüllen sich in Schweigen, und verstecken sich hinter der ESK. Aber langsam schwant es dem einen oder anderen Politiker doch, dass Würgassen eine schlechte Entscheidung war. Denn das
geplante Zwischenlager liege so nah an der Landesgrenze zu Niedersachsen, dass es sich eigentlich schon in Niedersachsen befindet. Und in der Tat werden zukünftig die Atommülltransporte über
diverse Umwege kreuz und quer vorwiegend durch Niedersachen laufen, an Stelle wie ursprünglich geplant auf direktem Weg zum Endlager. Im Ergebnis bedeutet Lastenteilung in der Atommüllentsorgung
i.d.R. höhere Strahlenbelastung für die Bevölkerung, unsicherere Transportwege, und höhere Kosten als an geeigneten Standorten. Auch dem Umweltminister Niedersachsens Christian Meyer ist dieses
bewusst. Darum positioniert er sich gegen die getroffene Entscheidung und auch in Nordrhein-Westfalen meldet sich Bündnis 90/Die Grünen Fraktionsgeschäftsführerin Norika Creuzmann zu Wort. „Ein
Aberwitz“ vor allem bei den ungeeigneten Transportwegen. Sollte doch noch ein Umdenken zum Standort Würgassen in der Entscheidungsebene stattfinden? „Wir hoffen, dass am Ende sachliche Gründe zu
einer sinnvollen Entscheidung führen. Der heutige Termin mit der ESK könnte die Basis dafür gelegt haben“, sagen Bürgermeister Hubertus Grimm und die Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck e.V.
„Von unverwertbaren Gefälligkeitsgutachten sollte sich das BMUV schleunigst distanzieren, um nicht völlig das Vertrauen der Bürger in ein transparentes Beteiligungsformat bei Atommüllentsorgung
zu verlieren.“.